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Alltagsgedanken

Mit freundlicher Genehmigung und herzlichen Grüßen lassen wir an dieser Stelle Lothar Eisele, Pfarrer in Friedrichstal, zu Wort kommen.

 

Liebe Leserinnen und Leser,

 

in letzter Zeit wurde ich öfter an das humorvolle Gebet erinnert:
Herr, gib mir Geduld – und zwar gleich!

 

Die Coronazeit hat uns gelehrt, dass alles länger dauert: Das Fallen der Inzidenzzahlen, der Lockdown, die Öffnung der Geschäfte, das Warten auf einen Impftermin.

 

Und manchmal habe ich bei mir und bei anderen festgestellt, dass das Warten nicht unbedingt geduldiger macht, sondern je länger je mehr die Nerven auch schneller blank liegen. Menschen werden schneller ungeduldig und nicht nur im Internet bricht sich der angestaute Ärger manchmal Bahn wie die Glut der Lava, wenn ein Vulkan explodiert.

 

Ich habe einige Bibelstellen zum Thema „Geduld“ nachgelesen. Geduld meint in der Bibel oft die Fähigkeit, Belastungen auszuhalten und nicht darunter zu zerbrechen. Der griechische Begriff für Geduld könnte man mit  „drunter bleiben“ übersetzen. Oftmals werden in der Bibel Situationen geschildert, in denen Geduld notwendig war: Über 200 Jahre musste das Volk Israel Sklavendienst in Ägypten verrichten, 40 Jahre dauerte die Wüstenwanderung, 70 Jahre das Exil in Babylon. Jahrhunderte dauerte es von der Verheißungen, dass Gott einen Retter schicken wird bis zur Geburt Jesu – und seit fast 2000 Jahren warten die Nachfolger Jesu schon auf die Wiederkunft ihres Herrn.

 

Die Menschen der Bibel können also ein Lied davon singen, wie notwendig Geduld in den langen Zeiten des Wartens ist. Dagegen ist das eine Jahr seit Ausbruch der Corona-Pandemie direkt kurz. Die Menschen der Bibel lernten in der Zeit des Wartens trotzdem darauf zu vertrauen, dass Gott sie nicht vergessen hat sondern trotzdem an ihrer Seite ist. Sie lernten in den Wartezeiten ihm zu klagen aber auch,  auf ihn zu vertrauen. Und sie lernten, die Wartezeiten zu nutzen, um Gutes zu tun. So schrieb  beispielsweise der Prophet Jeremia an die Verschleppten in Babylon im Auftrag Gottes: „Sucht das Beste für die Stadt, in die ich euch habe wegführen lassen.“

Und Paulus, der Jahre seines Lebens im Gefängnis zubringen musste, schrieb an die junge römische Gemeinde:


„Geduld bewirkt Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden.“ (Römer 5, 3b-5a)

 

Vielleicht ist es gut, dass wir nicht nur um Überwindung der  Corona Pandemie bitten, sondern um die notwendige Geduld, um trotz der Belastungen nicht die Zuversicht zu verlieren.

Von Mutter Teresa wird erzählt, dass sie ihren Schwestern  manchmal  Kärtchen mit folgendem Text verteilte:

 

Die Frucht der Stille ist das Gebet. Die Frucht des Gebetes ist der Glaube.

Die Frucht des Glaubens ist die Liebe. Die Frucht der Liebe ist das Dienen.

Die Frucht des Dienens ist der Friede.

 

In diesem Sinne können wir vielleicht so beten: Herr, gib uns die Geduld, die Einschränkungen zu ertragen und zu erkennen, was wir tun können, um uns gegenseitig zu unterstützen und aufzumuntern.

Herzliche Grüße

Ihr  Lothar Eisele